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Lebensretter auf vier Pfoten

Geschrieben am 18. Januar 2024.

Marco Greiner ist Vorsitzender der Kreis-Wasserwacht Augsburg-Stadt und hat vor acht Jahren die Wasserrettungshunde der Wasserwacht Bayern ins Leben gerufen. Auf was es bei der Ausbildung von Mensch und Tier ankommt, erfahrt ihr im Interview.

Was müssen Hund und Mensch für die Ausbildung mitbringen?
Sie müssen die Ausbildung als Duo angehen. Bei den Hunden sind wir auf keine spezielle Rasse beschränkt,  aber gut eignen sich große Rassen wie Retriever oder Neufundländer. Sie haben mehr Kraft und die  Neufundländer sind extra so gezüchtet worden, um auf Holzbooten eingesetzt zu werden und Seeleute zu bergen. Sie haben sogar Schwimmhäute und ihr Fell ist für kaltes Wasser ausgelegt, wie bei einem  Neoprenanzug. Der Hund sollte stressresistent und artverträglich sein. Spieltrieb ist von großem Vorteil bei  der Ausbildung, weil diese spielerisch aufgebaut ist. Das Herrchen oder Frauchen stammt im besten Fall aus  der Wasserwacht, Wasserretter wärenideal. Aber wir haben auch viele Quereinsteiger, die dann bei uns ihre  Ausbildung machen. Körperlich fit muss man sein, denn der Hund ersetzt keinen Rettungsschwimmer,  sondern ist seine Unterstützung. Sehr gute Schwimmkenntnisse muss man mitbringen und die Bereitschaft,
sich zum Wasserretter auszubilden.

Wie lange dauert die Ausbildung und was beinhaltet sie?
Der Hund braucht im Regelfall zwei Jahre. Nach zwei bis drei Monaten hat man die Grundlagen gelernt, aber  diese müssen sehr lange gefestigt werden, weil sie im Einsatz auf Knopfdruck funktionieren müssen. Am  Anfang werden Trockenübungen an Land gemacht und das Schwimmen wird geübt. In Phase II werden die  Grundlagen der Rettung gelernt, z. B., wie man einen Patienten aus dem Wasser holt oder kleine Boote  abschleppt. In der dritten Phase wird der Hund mitsämtlichen Rettungsmitteln der Wasserwacht vertraut  gemacht – vom Ring über die Boje bis zum SUP. Danach wird all dieses Wissen gefestigt. Am Ende können ausgebildete Hunde vier Kilometer am Stück schwimmen.

Welchen Herausforderungen begegnen Mensch und Tier dabei?                                                                             Man kommt irgendwann in der Ausbildung an den Punkt, an dem auf einmal nichts mehr klappt. Der Hund  hat viel gelernt, gestern noch alles gekonnt und heute geht gar nichts und er konzentriert sich nicht. Man  muss dann sehr feinfühlig und geduldig damit umgehen und immer wieder neu anfangen. Das ist ermüdend und ein gedanklicher Rückschlag. „Wir waren doch schon so weit“, denken sich dann viele. Mit jungen  Hunden ist das aber normal, und diese Phasen dürfen sie auch haben.

Welche Ausrüstung braucht man?
Der Rettungsschwimmer braucht eine komplette persönlicheSchutzausrüstung für die Wasserrettung. Zum Ausprobieren genügt ein Neoprenanzug, der vor den Krallen des Hundes schützt. Die Tiere wissen am  Anfang noch nicht, wie sie sie einzusetzen haben. Für den Hund genügt ein gutes Hundegeschirr. Am Ende der Ausbildung sollte es dann eine Rettungsschwimmwestefür den Hund sein, die das Haltemittel für den  Wasserretter ist. Diese Weste kann man über die italienische Schule für Rettungshunde „SICS“ beziehen. Von  dort stammt auch meine Inspiration, Wasserrettungshunde in Bayern auszubilden. In 2015 habe ich  selber dort die Ausbildung angefangen und im Laufe der Jahre an die bayerischen Gegebenheiten angepasst. In Italien haben die Hunde an den Stränden schon mehrere Hundert Menschen gerettet.

Wie sieht so ein Einsatz dann aus?
Hund und Mensch kommen gemeinsam zur Einsatzstelle, sei es per Boot oder schwimmend. Der Hund zieht dabei den Rettungsschwimmer. Am Patienten angekommen, trennen sich Mensch und Hund und es wird klassisches Rettungsschwimmen durchgeführt. Der Rettungsschwimmer nimmt den Patienten auf und wenn er diesen sicher hat, ruft er den Hund zu sich. Und genau dafür ist das intensive und lange Üben so wichtig: Im Ernstfall müssen diese Abläufe perfekt sitzen. Der Rettungsschwimmer hält sich dann an der Rettungsschwimmweste des Hundes fest und der Hund zieht beide Personen an Land oder zum Boot. Durch diese Technik kann der Rettungsschwimmer den Patienten auf seine ganze Körperfläche auflegen und ihn  besser stabilisieren. Das Schwimmen übernimmt der Hund.

Wo kann ich die Lehrgänge absolvieren?
Die Ausbildung können wir nur im Sommer an Seen anbieten, nicht in Bädern. Die meisten Ausbilder haben  wir in Augsburg. Das Ziel der Arbeitsgruppe Wasserrettungshunde ist es, die Ausbildung in die Fläche in ganz Bayern zu bringen. Aktuell bieten wir ein bis zwei Workshops pro Jahr für die Grundlagen an und ein  Trainingscamp über drei Tage.

Wie viele Einsätze hast du mit deinen Hunden bereits erlebt?
Mit meinem ersten Wasserrettungshund Buddy habe ich vier Rettungen erlebt, u. a. haben wir drei Kinder  aus einem gekenterten Boot gerettet. Aktuellhabe ich zwei Labradore, Aqua und Elio. Klassischerweise  werden die Hunde im Wachdienst eingesetzt oder bei Veranstaltungen am und im Wasser, wie Triathlons. Ihr Vorteil ist, dass wir mit ihnen im Feld schwimmen können und sie die Schwimmer nicht stören, wie es die  Wellen eines Bootes würden.